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„Dann gehe ich damit zur Presse“

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.03.2016 (- 5 Sa313/15)

Ein Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber damit droht, die Presse einzuschalten, riskiert seinen Arbeitsplatz. Die Meinungsäußerungsfreiheit ist zwar ein hohes Gut und durch das Grundgesetz geschützt. Die Grundrechte finden allerdings ihre Schranken bei der Abwägung mit Rechtspositionen Dritter (sog. praktische Konkordanz). Nach diesen Maßstäben hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.03.2016 (- 5 Sa313/15) entschieden, dass die Drohung eines Arbeitnehmers mit der Presse zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen kann.

Zum Fall: Der Arbeitnehmer, ein Fertigungsleiter, erhielt von seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer lehnte das ab, weitere Verhandlungen scheiterten. Daraufhin wies der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsbereich zu. Schließlich erfolgte ein Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In der weiteren rechtlichen Auseinandersetzung kündigte der Arbeitnehmer über seinen Rechtsanwalt an, Strafanzeige zu erstatten und die Presse einzuschalten.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat dem Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses (allerdings unter Zahlung einer Abfindung) stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht begründet sein Urteil wie folgt:

„Zwar unterliegt die Veranlassung einer Presseveröffentlichung dem Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Deshalb muss auch die Frage, ob der mit der Information der Presse Drohende sich eines rechtmäßigen oder eines rechtswidrigen Mittels bedient, im Lichte dieses Grundrechts beurteilt werden. Es ist nicht allgemein unzulässig, mit einem privaten Rechtsstreit an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn interne Einigungsversuche scheitern (vgl. BGH 19.04.2005 – X ZR 15/04 – Rn. 30 ff, NJW 2005, 2766). Vorliegend bestand jedoch bei Abwägung beider Rechtspositionen kein legitimes Interesse daran, sich mit einer Drohung an die Konzernmutter zu wenden, um damit die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Arbeitsvertrag des Klägers zum Einlenken zu bewegen. Zwar vertritt der Kläger im Schriftsatz vom 07.11.2015 die Auffassung, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien sehr wohl zu erwarten sei. Der entsprechenden Wertung des Klägers vermag die Berufungskammer aus den dargestellten Gründen nicht zu folgen.“

Ein Arbeitnehmer sollte daher nicht leichtfertig mit einer Einschaltung der Presse drohen. Neben einer Auflösung des Arbeitsverhältnis kommt unter Umständen sogar eine – gegebenenfalls fristlose – Kündigung  des Arbeitsverhältnisses in Betracht.

Abzugrenzen ist die Entscheidung von den Fällen des Whistleblowings eines Arbeitnehmers. In derartigen Fallkonstellationen meldet der Arbeitnehmer Missstände im Unternehmen den Behörden und/oder der Presse. Wegen der Pflicht des Arbeitnehmers zu Loyalität und Vertraulichkeit verlangt die Rechtsprechung allerdings auch hier, dass Informationen zunächst dem Vorgesetzten gegeben werden müssen. Nur wenn das nicht möglich ist, kann der Arbeitnehmer als letztes Mittel an die Öffentlichkeit gehen. Zudem muss jeder Arbeitnehmer, der Informationen weitergeben will, grundsätzlich prüfen, ob sie genau und zuverlässig sind. Außerdem müssen der mögliche Schaden für den Arbeitgeber, die Gründe für die Information und die Art der Sanktion berücksichtigt werden. (vgl. hierzu: EGMR, Urt. v. 21. 7. 2011 − 28274/08 Heinisch/Deutschland).

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